Wenn ihr über euer Team redet, dann passiert das sehr häufig mit dem Blick auf die eigentlichen Aufgaben der Person. In der heutigen Folge schauen wir aber auch eine Komponente, die ebenso bedeutsam ist. Nämlich die Rolle, die die Person einnimmt, damit das Team erfolgreich sein kann.
Und damit auch ihr nach dieser Folge euer Team aus einer neuen Perspektive betrachten könnt, sprechen wir heute über die Teamrollen von Belbin.
Was ist eine Teamrolle nach Belbin?
Eine Teamrolle beschreibt die Tendenz sich auf bestimmte Weise zu verhalten, im Team zu interagieren und einen spezifischen Beitrag in der Gruppe zu leisten.
Einen ganz bedeutenden Beitrag zu diesem Thema lieferte der britische Psychologie-Professor Meredith Belbin in den 1970er Jahren. Er forschte zu menschlichem Verhalten in Teams und kam zu Erkenntnissen, die bis heute wichtige Leitplanken für die Teamentwicklung liefern.
So zentrale Erkenntnisse waren, z. B. das eine gute Verteilung der Teamrollen zu guten Arbeitsleistungen führt, unabhängig von den fachlichen Kompetenzen. Es geht bei guten Teams also nicht darum, dass alle gleich ticken und die gleichen Stärken haben, sondern sich eben ergänzen. Es gibt also ein Zu viel an Homogenität und auch ein Zu viel an Vielfalt.
Belbin stellte auch fest, dass
- Einige Personen nur so vor kreativer Energie sprühten und eine Idee nach der anderen hatten.
- Andere Teammitglieder waren eher praktisch orientiert und konnten kaum abwarten, mit der aktiven Arbeit loszulegen.
- Bestimmte Personen wiederum zeigten eine klare Stärke dafür, das Team zu strukturieren oder voranzutreiben und Entscheidungen zu treffen.
Und die Personen im Team verhalten sich je nach Persönlichkeitsmerkmal unterschiedlich. Hinzukommt, dass die Personen sehr wohl darauf achten, mit welcher Rolle bzw. Verhalten sie positive Rückmeldungen aus dem Team erhalten. Wenn es also mit Argwohn gesehen wird, wenn man permanent kreativ ist und neue Ideen einbringt, dann passen sich die Personen an, sofern sie es für wichtig erachten, zum Team zu gehören.
Warum sind Teamrollen wichtig?
Teamrollen richten den Blick auf die jeweiligen Stärken, die einzelne Mitglieder ins Team einbringen. Die Kenntnis der Teamrolle hilft anderen Teammitgliedern, Verständnis für Konflikte aufzubringen, denn jede Teamrolle bringt neben Stärken auch Schwächen mit sich.
Problematisch wird es für Teams, wenn eine Person die Rollen nicht oder schlecht wahrnimmt oder einige Rollen nicht besetzt oder durch zu viele Personen eingenommen werden.
Das bringt uns auch direkt zu der Antwort auf die Frage „Was machen wir, mit den Teamrollen?“. Wir justieren das Team und versuchen ein gutes Maß an Heterogenität zu erreichen, um das Team so erfolgreicher zu machen.
9 Rollen nach Belbin
Jetzt schauen wir aber auf die einzelnen Rollen und ihr Stärken bzw. Schwächen.
Handlungsorientierte Rollen – Macher: Top im Team von Gleichgesinnten, zeigt Kontroll- und Koordinationsfunktion à erfordert starke Selbstdisziplin. Wehrt sich gegen Trägheit und Ineffizienz, Spornt die Kollegen an, Zeigt unter Druck gute Leistung
- Vorteile:
- Will schnellen Entschluss und nimmt Einfluss auf Prozess bei Entscheidungen
- Konzentration aufs Wesentliche
- Mut, Hindernisse zu überwinden
- Formen Aktivitäten des Teams
- Drahtzieher bei Diskussionen
- Druck auf unproduktive Kollegen
- Stressresistenz
- Stellt sich gegen Meinung anderer
- Nachteile:
- Wirkt ungeduldig und sorgt damit für Unruhe im Team
- Schnell reizbar
- Neigt zu Provokationen
- Wirkt als arrogant
- Drängt andere zum Handeln
Umsetzer: Strukturieren die Vorgehensweise eines Teams, definieren klare und erreichbare Ziele und gehen dabei strukturiert vor. Ordnung und systematisches Vorgehen ist wichtig.
- Vorteile:
- Erreichbare Ziele werden zuverlässig erfüllt
- Ideen werden zu verwendbaren Aufträgen à praxisnah
- Selbst Unangenehmes wird ordentlich erfüllt
- Vertrauensvoll, tolerant
- Nachteile:
- Veränderungen findet er/sie negativ
- Konservativ, unflexibel
- Bei anderen Varianten/Ideen zögerlich
- Schwierigkeiten bei offenen komplexen Situationen
- Wenig personenorientiert – egoistische Entscheidungen ohne Andere einzubeziehen
Perfektionist: achtet darauf, das ein Plan bis ins Detail eingehalten wird. Zuverlässig, sehr sorgfältig à Qualitätskontrolleur
- Vorteile:
- Achtet aufs Detail, will Fehler konsequent verhindern, hält Standards ein, meidet Versäumnisse, schreitet ein, wenn zu oberflächlich gehandelt wird.
- Nachteile: Überbesorgnis, Delegieren kommt nicht in Frage, Kontrollsucht sorgt für Zeit- und Kraftverlust. Dabei verliert er den Überblick
Sachorientierte Rollen: Erfinder: Hoher IQ und introvertiert, kreativ und fantasiereich, bringt neue Ideen ein
- Vorteile:
- Löst Probleme und entwickelt Strategien (Alternativen für Engpässe),
- zeigt unorthodoxes Querdenken für schwere Probleme,
- bezieht Kollegen mit ein
- Nachteile:
- Beachtet Feinheiten nicht,
- verliert die Realität aus den Augen, wenn eigene Ideen mit ihm durchgehen,
- Kommunikation schwer, da in eigene Gedanken vertieft
- Umgang mit Kritik eher destruktiv à führt zu Konflikten
Beobachter: hat gutes Urteilsvermögen, analytisch, kritisch, nüchtern, prüft Vorschläge auf Nutzen und Umsetzbarkeit, ist besonnen und intelligent
- Vorteile:
- Liefert verlässliche Urteile,
- geht auf Nummer sicher, berücksichtigt alle Optionen,
- schneller Überblick, kann Infos gut abwägen
- Nachteile:
- Mangelnder Enthusiasmus motiviert andere nicht,
- bremst andere eher aus,
- unsensibel o. herablassend
Spezialist: hat spezifisches Fachwissen auf Gebiet, wird an Gruppe auch weitergegeben, Standards werden gesetzt
- Vorteile:
- Zielstrebigkeit,
- Opferbereitschaft,
- hebt Informationsdefizite auf
- Nachteile:
- verliert sein Teams aus den Augen,
- Detailverliebt,
- Gesamtziel gerät aus den Augen, begrenzte soziale Fähigkeiten
Kommunikationsorientierte Rollen: Koordinator:
Ist ein Organisationstalent (Arbeitsstruktur), kann Aufgabenverteilung, Delegieren liegt ihm
- Vorteile:
- Setzt sich für Teamziele ein,
- koordiniert Aktivitäten, mit Hilfe von Ziel- und Zeitvorgaben,
- fördern Entscheidungen und gute Ideen,
- tolerant, ruhig und selbstsicher
- Nachteile:
- Zu viel Kontrolle, gibt unangenehme Aufgaben weiter
Teamworker: sind empathisch – hört gut zu, verbessert Teamgeist und sorgt für angenehme Stimmung,
- Vorteile:
- unterbindet Konflikte,
- diplomatisch (Seele des Teams) à gut über Privates informiert, aktiviert introvertierte MA
- Nachteile:
- Urteile fallen schwer
- Entscheidungen werden ungern getroffen
- Überforderung durch kritische Situationen
Weichensteller: wirkt extrovertiert und gesprächig, knüpft gerne Kontakte, sucht neue Ideen u. Anregungen, die hilfreich für das Team sind
- Vorteile:
- Soziale Kompetenz,
- greift Gedanken anderer auf u. entwickelt sie weiter
- Verhandelt gut
- Nachteile:
- Verliert schnell die Motivation à weil zu optimistisch
- Team muss ihn stützen
- Leicht ablenkbar Selten Urheber neuer Ideen
Zusammenfassung:
Erfolgreiche Team sind heterogen und ergänzen sich in den Rollen. Blinde Flecke zu erkennen und diese Rollen zu besetzen, ist eine Aufgabe in der Teamentwicklung.
Ehrlicherweise muss man sagen, dass die 9 Rollen komplex sind und schwer abzugrenzen. Das führt natürlich zu schwierigen Diskussionen, bei denen man einige Teilnehmer eines Workshops auch gerne mal verlieren kann.
Gut ist allerdings zu erkennen, wenn es Rollen gibt, die gar nicht oder zu stark besetzt sind. Das kann gute Indizien liefern, warum es in der Leistung eventuell etwas hapert.
Wichtig ist aber auch, sich für die Begutachtung der Teamrollen Zeit zu nehmen.
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