Wir sprechen in der heutigen Ausgabe von Zuhören, Fragen, Führen über ein Thema für das man ziemlich lange recherchieren muss bzw. einige Runden drehen muss, bevor man überhaupt einen Anpack bekommt und zwar widme ich mich heute der Frage: Woran erkenne ich, dass ich als Führungskraft mein Team verloren habe?
Ich persönlich bin im Nachgang zu einem Teamworkshop mit dieser Frage konfrontiert worden und hatte eine sehr reflektierte Führungskraft gegenüber, die hierzu eine Einschätzung von mir wollte. Abgesehen davon, dass ich das in diesem Fall verneinen konnte, beschäftigte mich die Frage noch Tage danach.
Woran erkenne ich, dass ich mein Team verloren habe?
Also: „Woran erkenne ich, dass ich mein Team verloren habe?“
Und der erste Aspekt ist aus meiner Sicht die Klärung, was Verlieren in diesem Kontext eigentlich bedeutet?
Wenn wir in den Sport schauen, dann ist das ja relativ simpel. Liefern Mannschaften keine guten Ergebnisse mehr, muss früher oder später der Trainer dran glauben und seinen Posten räumen. Es kommt ein neuer Trainer und die Ergebnisse werden – hoffentlich – langfristig besser.
Man findet aber auch Entwicklungsstufen in denen dann sogar vermutet wird, dass die Mannschaft aktiv gegen den Trainer spielt, also verliert, weniger läuft, weniger Zweikämpfe führt usw., damit der Trainer den Posten verliert.
Bevor jetzt jemand Angst bekommt, muss man festhalten, dass trotz VUCA die Arbeitswelt sich doch noch etwas langsamer dreht.
Im Unternehmenskontext bedeutet „das Team zu verlieren“, dass die Mitarbeiter nicht mehr effektiv zusammenarbeiten, sich entfremden oder desillusioniert sind.
In diesem Kontext bezieht sich „desillusioniert“ darauf, dass die Mitarbeiter ihre ursprüngliche Begeisterung, Motivation oder ihren Glauben an die Vision des Unternehmens oder an die Führung verloren haben. Wenn Mitarbeiter desillusioniert sind, haben sie möglicherweise das Vertrauen in die Führung oder die Unternehmensziele verloren.
Sie könnten enttäuscht sein, sich nicht ausreichend unterstützt fühlen oder das Gefühl haben, dass ihre Arbeit oder ihre Bemühungen nicht angemessen anerkannt werden.
Sich entfremden in einem beruflichen Kontext bedeutet, dass eine Distanz oder ein Gefühl der Isolation zwischen den Mitarbeitern und der Führung oder dem Unternehmen entsteht. Am besten deutlich wird das in der Betonung von „Wir hier unten“ und „Die da oben“, was natürlich eine gewisse Distanz aufzeigen soll.
Diese Distanz kann sich aufgrund von Missverständnissen, unklaren Erwartungen oder mangelnder Offenheit, erhöhen. Eine Entfremdung kann aber auch stattfinden, wenn sich bspw. die Werte des Unternehmens stark ändern. Sowas erleben Unternehmen und die Mitarbeiter gerne mal bei einer Fusion oder einem Verkauf bzw. durch die Übernahme neuer Eigentümer. Da weht plötzlich ein neuer und deutlich kühlerer Wind. Ebenfalls erwähnenswert sind neue Ziele, die in den Fokus rücken, die für die Teammitarbeiter nicht erreichbar oder erstrebenswert scheinen.
Geht das Team verloren, hat auch die Führungskraft Ihren Anteil zu hinterfragen
Aber auch du als Führungskraft kann zu einer Entfremdung beitragen, z. B. durch Fehlende Unterstützung und Feedback und Mitarbeiter das Gefühl haben, dass ihre Anliegen und Bedürfnisse nicht gehört werden. Gleiches gilt, wenn sie in Entscheidungsprozesse nicht eingebunden werden und Vorschläge, einfach nicht beachtet werden.
Was uns dann blüht, liegt auf der Hand
- Abnehmende Motivation,
- weniger Zusammenhalt (Wissen austauschen, den Kollegen helfen, Informationen weitergeben),
- Nur noch Dienst nach Vorschrift machen oder sogar noch weniger,
- Ziele werden nicht mehr erreicht
- Konflikte nehmen zu und eskalieren
- Bis hin zu gesteigerter Abstinenz
Staffing – Der Chef wird gemobbt
Aus meiner Sicht kommen aber noch ein paar Aspekte, wie z. B. ein starker Widerstand gegenüber Veränderungen. Ganz wichtig: Ich rede nicht davon, dass Mitarbeiter Unsicherheiten spüren oder Sorge vor anstehenden Veränderungen haben.
Ich denke hierbei an Teammitglieder, die offen kommunizieren, dass sie weder von der Veränderung noch von dir etwas halten. Mitarbeiter, die dich ins Leere laufen lassen oder ignorieren. Leider kommen viele Mitarbeiter mit einer solchen Haltung lange genug durch und haben die Chance Allianzen zu bilden und die ganze Stimmung im Team zu ruinieren.
Ginge so ein Verhalten von der Führungskraft in Richtung Mitarbeiter würde man von Mobbing sprechen. In dieser Konstellation spricht man aber von Staffing – Also Mobbing der Mannschaft (Mannschaft = staff)
In diese Kategorie gehören so Punkte, wie z. B.:
- Das Verbreiten von Vorurteilen, die sich auf das Geschlecht, das Alter oder den Migrationshintergrund der Führungskraft beziehen.
- Gezieltes Streuen von Gerüchten und Tratsch (ein schlechtes Licht rücken).
- Permanente Blockadehaltungen und Totschlagsargumente in Meetings.
- Abwertende Kommentare im „analogen Flurfunk“ oder in sozialen Medien.
- Sich wiederholende Sticheleien bei Arbeitsgesprächen gegenüber Chefin oder Chef.
- Ständiges Zuspätkommen zu Meetings aus.
- Permanentes Nichteinhalten von zugesagten Terminen.
Nicht falsch verstehen: Nicht jede direkt geäußerte Kritik an Ideen, Vorschlägen oder Änderungswünschen einer neuen Führungskraft sollte zwingend auf die Goldwaage gelegt werden.
Und nicht jeder flapsige Kommentar, jeder Meinungsunterschied, jede Regelverletzung und jede Unterbrechung im Meeting ist gleich ein planvolles und zielgerichtetes Staffing.
Nimmst Du soetwas aber über einen längeren Zeitraum wahr, musst du reagieren, um den Respekt und dein Ansehen nicht zu ruinieren.
Hier ist es hilfreich, den Mitarbeiter zu einem Kritikgespräch einzuladen und die Person dahinzukriegen, dass sie ein anderes Verhalten zeigt.
Team verloren – Was tun?
Kommen wir aber nochmal zurück zum Aspekt des verlorenen Teams. Wir deeskalieren unsere Podcastfolge also einmal und überlegen uns, was wir tun können?
Aus meiner Sicht gibt es da die offensichtlichen Aspekte, die wir prophylaktisch zeigen bzw. anwenden sollten, damit wir unser Team eben nicht verlieren.
- Klare Kommunikation: Offene, klare und konstante Kommunikation ist entscheidend. Teilen Sie die Vision des Unternehmens, setzen Sie klare Erwartungen und bieten Sie regelmäßiges Feedback.
- Teamentwicklung: Investieren Sie in die Entwicklung des Teams. Unterstützen Sie Weiterbildungen, fördern Sie ein Umfeld des Lernens und Wachstums, und ermöglichen Sie Ihren Mitarbeitern, sich beruflich weiterzuentwickeln.
- Teilhabe an Entscheidungen: Binden Sie Ihr Team in Entscheidungsprozesse ein. Wenn Mitarbeiter das Gefühl haben, dass ihre Meinungen gehört und berücksichtigt werden, steigert das ihr Engagement und ihre Identifikation mit dem Unternehmen.
- Vertrauensvolle Beziehungen aufbauen: Bauen Sie Vertrauen und Respekt zu Ihren Mitarbeitern auf. Zeigen Sie sich zugänglich, interessieren Sie sich für ihre Anliegen und schaffen Sie ein Umfeld, in dem sie sich gehört und unterstützt fühlen.
- Anerkennung und Wertschätzung: Wertschätzen Sie die Leistungen Ihrer Mitarbeiter. Anerkennung und Lob für gute Arbeit sind wichtige Motivatoren.
- Unternehmenskultur pflegen: Schaffen Sie eine positive Unternehmenskultur. Sorgen Sie für ein angenehmes Arbeitsumfeld, in dem sich Mitarbeiter wohl und geschätzt fühlen.
- Kontinuierliches Feedback: Regelmäßiges Feedback ist wichtig, nicht nur in Form von Leistungsbeurteilungen, sondern auch als laufende Unterstützung und Anleitung.
Soweit so klar und auch für Dich nichts Neues. Ich würde aber zum Abschluss gerne noch den Blick darauf legen, was wir tun können, wenn das Kind in den Brunnen gefallen ist. Also wie verhalten wir uns, wenn wir im Sport unseren Job bereits los wären.
Schreib mir dazu gerne auch in die Kommentare, was du da tun würdest? Meine Vorschläge sind Folgende
- Selbstreflexion: Reflektiere über deine Rolle als Führungskraft und über die Handlungen oder Entscheidungen, die zum Verlust des Teams geführt haben könnten. Mache dich auf die Suche auf deine eigenen Fehler und Schwächen, ggf. mit fremder Hilfe durch einen Coach.
- Offene Kommunikation: Initiere offene und ehrliche Gespräche mit deinem Team. Lass sie ihre Bedenken, Frustrationen und Erwartungen ausdrücken. Versuche dabei ihre Standpunkte wirklich nachzuvollziehen.
- Entschuldigung: Wenn deine Handlungen oder Entscheidungen zur Entfremdung beigetragen haben, sei bereit, Verantwortung zu übernehmen und dich bei deinem Team zu entschuldigen.
- Maßnahmen ergreifen: Entwickle einen klaren Aktionsplan zur Behebung der identifizierten Probleme und zur Wiederherstellung des Vertrauens. Worin dann genau der Schlüssel liegt, wird sich zeigen. Wichtig ist aus meiner Sicht, das Team daran ehrlich zu beteiligen und auch für dich Arbeitspakete zu formulieren. Ggf muss man das in 1:1 Gesprächen nochmal nachschärfen.
- Geduld und Ausdauer: Die Wiederherstellung des Vertrauens und der Teambindung erfordert Zeit. Es kann einige Zeit dauern, bis die Effekte deiner Bemühungen sichtbar werden. Halte durch und bleibe konsequent. Aber: Achte eventuell darauf, ob es Arbeitspakete gibt, die einen schnellen Erfolg liefern oder so wichtig sind, dass sie Druck vom Kessel nehmen, wenn sie gelöst sind.
- Feedback und Evaluation:* Fordere regelmäßiges Feedback von deinem Team an, um sicherzustellen, dass die getroffenen Maßnahmen effektiv sind. Passe deine Vorgehensweise entsprechend an.
Soweit meine Tipps für dich, wenn Du dein Team verloren haben solltest. Deine Bereitschaft zur Veränderung, zur Selbstreflexion und zur Investition in die Beziehung zu deinem Team sind entscheidend, um den Weg zur Erholung zu ebnen. Schreibe mir gerne deine Meinung dazu und was du tun würdest, um dein Team für dich zurückzugewinnen.
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